Zweitausbildung zum Lokführer

  • Hallo zusammen

    Ich denke diese Frage habt ihr schon öfters behandelt. Der letzte Beitrag den ich gefunden habe, war aber von 2016.

    Ich interessiere mich für eine Zweitausbildung zum Lokführer. Dazu hätte ich gerne ein paar ehrliche Meinungen von den Lokführern unter euch.

    Ich bin 30 Jahre alt, habe zwei kleine Kinder (noch nicht im Kindergarten). Meine Frau arbeitet 30% in der Pflege. Ich selbst arbeite 90%. Da Sie Schicht arbeitet, können wir uns die Betreuung aufteilen und müssen nicht auf KiTa oder ähnliches zurückgreifen.
    Momentan arbeite ich in der Medienbranche im grafischen Bereich. Ich verdiene bei 100% 75'000 CHF Brutto (exkl. Kinderzulage).Die Arbeitsbedingungen in der Medienbranche sind nicht besonders gut, lange Arbeitszeiten, viel Termindruck, wenig Ferien. Die Arbeit an sich macht spass, die Bedingungen aber weniger... Nach 6 Jahren habe ich irgendwie genug von der Branche, und ich weiss nicht wie ich das mein ganzes Leben noch durchhalten soll.
    Daher komme ich immer wieder auf die Ausbildung zum Lokführer zurück.

    Nun meine Fragen an euch:
    1. Wie sieht es mit dem Beruf aus. Besteht immer noch ein starker Personalmangel? Besteht dieser auch noch in den nächsten Jahren? Oder sollte man sich lieber bald möglichst bewerben?
    2. Zukunftsaussichten: Was denkt ihr über das ganze Digitalisierungs-Thema? Sind LF in 20 Jahren alle arbeitslos?
    3. Macht es Sinn die Ausbildung bei der SBB zu machen? Hat jemand die Ausbildung bei der BLS gemacht?
    4. Wenn ihr meine beschriebene derzeitige Situation anschaut? Würdet ihr den Beruf wechseln?
    5. Wie sieht es mit der Laufbahn aus? Zum Beispiel verspricht die BLS:
    Als Lokführerin/Lokführer stehen Dir zudem unterschiedliche Laufbahnen offen, zum Beispiel im Bereich der Ausbildung, der Planung, Führung oder der Projektarbeit.
    Was ist davon zu halten? Wahrheit oder eine leeres Versprechen?

    Ich freue mich auf ein paar ehrliche Antworten!

    Danke und viele Grüsse

    Einmal editiert, zuletzt von LK87 (16. Februar 2018 10:02)

  • Ich denke diese Frage habt ihr schon öfters behandelt. Der letzte Beitrag den ich gefunden habe, war aber von 2016.

    Das ist ja noch nicht so lange her, die Infos die du gefunden hast sind nach wie vor unverändert gültig. :D

    Meine Frau arbeitet 30% in der Pflege. Ich selbst arbeite 90%. Da Sie Schicht arbeitet, können wir uns die Betreuung aufteilen und müssen nicht auf KiTa oder ähnliches zurückgreifen.

    Ich kenne div. Lf, die genau so arbeiten. Frau Schicht, reduziertes Pensum, er Lf, 80-100%. Das Endergebnis ist, dass immer jemand zu Hause ist, weil die Frau ihre Arbeitszeiten relativ frei legen kann.

    Die Arbeitsbedingungen in der Medienbranche sind nicht besonders gut, lange Arbeitszeiten, viel Termindruck, wenig Ferien. Die Arbeit an sich macht spass, die Bedingungen aber weniger... Nach 6 Jahren habe ich irgendwie genug von der Branche, und ich weiss nicht wie ich das mein ganzes Leben noch durchhalten soll.

    Die Arbeitsbedingungen als Lf gelten allgemein auch nicht als besonders gut, wobei weniger die objektive Arbeitszeit oder Einteilung, sondern eher das subjektive Empfinden ausschlaggebend sind. Kannst du Schicht arbeiten? Macht es dir nichts aus, um 2 Uhr in der Früh aufzustehen und in das nächste Depot zu fahren, im Winter verbunden mit viel Neuschnee und ungepflügten Strassen? An 3 von 4 Wochenenden wird vollständig oder teilweise (also nur Sa oder So) gearbeitet, kannst du damit leben? Vorsicht ist angebracht, weil du im grafischen Bereich arbeitest. Diese Kreativität kannst du als Lf schlicht und einfach vergessen. Du erlebst viele andere schöne Dinge, du erlebst die Natur, die Jahreszeiten, du siehst die Tage kommen und du erlebst Sonnenuntergänge wie nie zuvor. Aber du kannst dich kreativ nicht austoben, daher ist es wichtig, dass du in der Freizeit einen passenden Ausgleich findest. Dafür kann ich dich bzgl. Termindruck beruhigen, den gibt es nicht. Du bist zwar der Sklave des Sekundenzeigers, aber das ist ganz was anderes als Deadlines und nach den Ferien zur Arbeit zurückzukommen und den Tisch voller Arbeit anzutreffen. Als Lf nimmst du garantiert niemals Arbeit nach Hause, staust niemals Arbeit an und hast nie Deadlines. Die Kehrseite: Am letzten Tag vor den Ferien kannst du nicht das Hirni ausmachen, am ersten Arbeitstag nach den Ferien kannst du nicht erstmal hochfahren, kurz vor dem Feierabend kannst du nicht noch rumlümmeln. Von Arbeitsbeginn bis Arbeitsende ist volle Konzentration angesagt, an jedem einzelnen Arbeitstag. Auch das liegt nicht jedermann, aber auf solche Fähigkeiten wirst du während des Bewerbungsprozesses zur genüge überprüft, glaub mir. :D

    Wie sieht es mit dem Beruf aus. Besteht immer noch ein starker Personalmangel? Besteht dieser auch noch in den nächsten Jahren? Oder sollte man sich lieber bald möglichst bewerben?

    Wenn das eh ein Thema für dich ist, dann würde ich es angehen. Da Momentan recht viele Klassen in Ausbildung sind, kann ich mir schon vorstellen, dass in nächster Zeit weniger Lf ausgebildet werden.

    Zukunftsaussichten: Was denkt ihr über das ganze Digitalisierungs-Thema? Sind LF in 20 Jahren alle arbeitslos?

    Nein, daran glaube ich nicht. Sicher wird das Handling einfacher, heutige Triebzüge sind schneller aufgerüstet als noch alte Fahrzeuge, die Elektronik nimmt einem Arbeit ab. Auf der anderen Seite hat man einen so dichten Fahrplan wie noch nie zuvor, verglichen mit früher kurze Wendezeiten, kurzum man arbeitet Produktiver und dies unter anderem dank der Technik. An Arbeitslosigkeit glaube ich ohnehin nicht, an eine Veränderung des Berufes schon. Dies jedoch nicht im von dir erwähnten Zeitrahmen. Heute gelieferte Triebzüge sind für 40 Jahre ausgelegt und verfügen immer noch über einen klassischen Führerstand und sind (ohne massive Aus- und Umrüstungen) garnicht in der Lage, autonom oder auch nur schon teilautonom zu fahren. Es gibt hier im Forum einen ziemlich grossen Thread über das Thema, das Frustpotenzial beim durchlesen ist gross, sei gewarnt ;) Aber man kann sich einen kleinen Überblick verschaffen und sich vielleicht auch selbst ein Bild machen.

    Macht es Sinn die Ausbildung bei der SBB zu machen? Hat jemand die Ausbildung bei der BLS gemacht?

    Erste Frage, klar macht das Sinn, warum sollte es nicht? Bzgl. BLS kann ich nicht mitreden.

    Wenn ihr meine beschriebene derzeitige Situation anschaut? Würdet ihr den Beruf wechseln?

    Nunja, ich habs getan und würde es jederzeit wieder machen. In meiner Klasse gibt es zwei Väter, beide würden es ebenfalls wieder tun.

    Wie sieht es mit der Laufbahn aus? Zum Beispiel verspricht die BLS:
    Als Lokführerin/Lokführer stehen Dir zudem unterschiedliche Laufbahnen offen, zum Beispiel im Bereich der Ausbildung, der Planung, Führung oder der Projektarbeit.
    Was ist davon zu halten? Wahrheit oder eine leeres Versprechen?

    Das stimmt zumindest bei der SBB, die BLS macht da wohl auch keine leere Versprechen. Ausbildung und Planung erreicht man am ehesten, Führung ist schon etwas schwieriger, auch weil da der Bedarf viel kleiner ist. Projektarbeit ist sehr unterschiedlich, man kann sich z.B. in Fachgruppen einbringen oder konkrete Projekte umsetzen, sowas wird in der Regel intern ausgeschrieben und dann entweder nebenbei zu einem gewissen Pensum oder für eine Zeitlang mit 100% Pensum verfolgt. Lf kann ein Sprungbrett in weitere Fachbereiche und Kaderstellen sein, muss es aber definitiv nicht. Wenn du nur mit dem Ziel, weiter aufzusteigen, Lf wirst, ist es ein Risikospiel. Wenn du dir die Optionen offen halten möchtest, aber diese nicht grundsätzlich zum Ziel hast, dann kannst du zumindest nicht enttäuscht werden.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!