Wie gesagt, ich finde es wichtig dass sich jeder so äussern kann wie er will. Wer die Gendersprache (Doppelnennungen, substanzivierte Partizipien, Umschreibungen, etc.) verwenden will, soll das tun.
Das respektiere ich, es stört mich nicht. Das erwarte ich aber genauso von der Gegenseite.
Um aber nochmals zu rekapitulieren, was bei der representativen Tamedia-Umfrage diesen Frühlung herausgekommen ist (deren Resultate somit ähnlich ausfielen wie andere Umfragen in deutschsprachigen Ländern):
- Findet eine deutliche Mehrheit die gendergerechte Sprache nicht wichtig
- Achtet beim Formulieren von Texten und sprechen eine deutliche Mehrheit nicht auf gendergerechte Sprache (auch die Mehrheit der Frauen nicht)
- Diese Mehrheiten treffen auf Wähler aller Perteien zu, wenn auch unterschiedlich stark
Die in diesem Faden mehrfach gemachte Aussage, wonach sich nur Rechte/Konservative/etc. an dieser Sprachform stören ist damit nicht zutreffend. Es ist somit auch falsch, von der (Nicht-)Verwendung von Gendersprache auf die Einstellung zu Gleichberechtigung, Sexismus etc. zu schliessen. Die Mehrheit der Schweizer Bevölkerung ist für Gleichberechtigung und gegen Sexismus, lehnt die Gendersprache aber trotzdem ab.
Was mich aber basierend auf diesen Fakten sehr stört:
- Die konsequente Verwendung der Gendersprache in den deutschschweizer Medien, obwohl dies eine Mehrheit der Leser/Konsumenten offensichtlich ablehnt (s.o.), gerade auch beim SRF das gemäss Auftrag eigentlich alle Bevölkerungsschichten (und nich nur irgend eine sprachliche Elite) ansprechen sollte
- Die vielen Sprachleitfäden zu gendergerechter Sprache, die man befolgen soll/muss, obwohl eine Mehrzeit der Bevölkerung dies ablehnt (s.o.)
- Vorbehältlich natürlich irgendwelcher Kommunikationsleitfäden der externen Unternehmenskommunikation zum einheitlichen Auftritt gegen aussen, die es schon immer gab
- Dies zeigt auch schön auf, dass es eben kein natürlicher Sprachwandel ist - sonst bräuchte es ja all diese Vorgaben nicht
Ich verstehe auch nicht, weshalb hier eine "gstudierte", selbsternannte Sprachelite mit diesem Soziolekt einen Keil zwischen sich und der Alltagssprache resp. der Sprache des Fussvolkes treiben will - und dies für eine reine Symbolpolitik (es gibt ja keine objektiven Ziele, die mit dieser geschlechterfokussierten Sprache erreicht werden sollen, resp. woran man messen könnte ob diese Massnahme geeignet ist um diese Ziele zu erreichen). Ich halte die Entwicklung sogar für sehr ungesund, da viele Leute nicht mehr getrauen ihre Meinung zu äussern, aus Angst sie "falsch" zu sagen.
Viele Umschreibungen sind halt auch ungenau und damit nicht zweckmässig, da es eben Umschreibungen sind. z.B.
- "Lokpersonal" anstatt "Lokführer": Lokpersonal, also Personal auf der Lok, sind offensichtlich nicht nur Lokführer. Das können auch Rangierer, Putzpersonal, Mechaniker, etc. sein. Der Unterschied muss nicht immer, kann aber im Einzelfall sehr bedeutend sein.
- "Lernende" vs "Lehrlinge": Obwohl "Lernende" schon seit ca. 10 Jahren der offizielle Begriff für Lehrlinge ist, hat sich der Begriff bis heute in der Umgagssprache nicht durchgesetzt und muss auch in offiziellen Texten immer wieder präzisiert werden. Schliesslich sind Lernende in der deutschen Sprache alle Personen die gerade irgendetwas lernen, egal ob mit Lehr- oder normalem (oder ganz ohne) Arbeitsvertrag. Auch wenn damit eben Lehrlinge bezeichnet werden sollen.
Thema FDV in Gendersprache: Da es einen eh schon nicht besonders leserlichen Text noch unleserlicher macht, finde ich es nicht besonders tragisch. Das liest eh keiner freiwillig am Stück durch. Viel störender ist es in längeren Fliesstexten/Medien/Bücher, die man ja zum Glück aber freiwillig kauft oder nicht kauft (ausser wie gesagt beim SRF...).