Zugunglück: Junge stammt nicht aus angrenzender Siedlung
Von Hans Herrmann. Aktualisiert um 08:23 Uhr
Das Kleinkind, das am Sonntag auf dem Bahngleis im Lyssachschachen tödlich verunglückte, stammt aus der Region, aber nicht aus der angrenzenden Siedlung. Obein gerichtliches Nachspiel folgt, ist noch offen.
Ungefähr 100 Meter östlich des bewachten Bahnübergangs bei der Autowaschanlage im Lyssachschachen hat sich am Sonntagnachmittag ein tödliches Eisenbahnunglück ereignet: Ein 3-jähriger Bub, der sich auf dem Gleis am nördlichen Stadtrand von Burgdorf aufhielt, wurde von der Eisenbahn – trotz akustischen Warnsignals und sofort eingeleiteter Bremsung – erfasst und verstarb noch an der Unfallstelle (Ausgabe von gestern).
Sicherung an Schulwegen
Wie konnte dieser Unfall passieren? Ist hier, wo viele Leute relativ nahe am Bahngleis in einer der Reinigungskabinen ihr Auto waschen, das Trassee mangelhaft gesichert? «Wir versehen unsere Gleise nicht flächendeckend mit Absperrungen, das ginge schon aus Gründen des Ortsbildschutzes nicht», erklärt BLS-Mediensprecher Hans Martin Schaer auf Anfrage. «Bei einem konkreten, offensichtlichen Gefährdungspotenzial, etwa bei regelmässig frequentierten Schulwegen, geniessen Sicherungsmassnahmen natürlich Priorität.» Zwar befinde sich nahe am Unfallort im Lyssachschachen ein unbewachter Bahnübergang; das Unglück vom Sonntag stehe mit dieser Problematik jedoch in keinem Zusammenhang. Das Kind habe rein zufällig in der Nähe dieses Übergangs das Gleis betreten. Im Übrigen sei auf dem Schienennetz der BLS die Sanierung aller kritischen Bahnübergänge schweizweit heute praktisch abgeschlossen.
Nicht auf Sicht fahren
Auch rechtzeitiges Bremsen sei auf unübersichtlichen Strecken für den Lokführer häufig nicht mehr möglich, antwortet Schaer auf die entsprechende Frage. «Die Eisenbahn fährt nicht wie ein Auto auf Sicht, sondern nach Signalen, also gewissermassen auf elektronische Sicht – so ist es nicht möglich, einen Zug bei unvorhersehbaren Zwischenfällen überall und jederzeit rechtzeitig zu stoppen.»
Die Industriestrasse, die Schachenstrasse und das Bahngleis bilden dort, wo sich das Unglück ereignete, einen dreieckigen Landspickel, auf dem sich Betriebe in der Autobranche und gegen die Burgdorfer Stadtgrenze hin auch einige Wohnhäuser befinden. «Das Kind stammt nicht aus unserem Quartier», sagt eine Anwohnerin. Woher, wisse sie allerdings nicht. «Wir haben nur mitbekommen, dass die Lokomotive kurz gepfiffen und dann angehalten hat.»
Auch von der Kantonspolizei ist nichts Näheres zu erfahren. Das Kleinkind sei, schreibt sie in einer Mitteilung, in der Region wohnhaft gewesen und habe sich mit einem Verwandten nahe der Unfallstelle aufgehalten. «In einem unbeaufsichtigten Moment hatte es sich auf das Bahngleis begeben, wo es in der Folge zum tragischen Unfall kam.»
Das Auto gewaschen?
Laut einem Augenzeugen, der kurz nach dem Unfall am Ort des Geschehens war, ist es denkbar, dass der Verwandte des Kindes dort sein Auto wusch und ihm das Kind dabei irgendwann aus den Augen geriet. Ob der Unfall ein gerichtliches Nachspiel haben wird, ist offen. «Das wird sich im Lauf der gegenwärtigen Ermittlungen weisen», äussert sich Polizeisprecher Stefan von Below dazu.
Quelle: Berner Zeitung, 05.05.2009