Diskussionskultur BFS

  • Gerne möchte ich an dieser Stelle mal erwähnen, dass bei der SBB oder privaten Planungsbüros nicht nur Idioten/Schreibtischtäter/etc. am Werk sind. Die Studien/Varianten/Untersuchungen bzw. die darauf basierenden Entscheide die gemacht werden haben i.d.R. Hände und Füsse und basieren auf aktuellen Problemen oder zukünftigen Bedürfnissen. Es sind professionelle Experten, welche sich Gedanken machen und mögliche Vorschläge ausarbeiten. Im Normalfall sind "nicht berücksichtigte" Optionen nicht einfach vergessen gegangen, sondern schlichtweg aus Gründen ausgeschieden. Dies ist normalerweise nicht, "weil man nicht will", sondern weil es wirklich Gründe gibt.

    Das es hier Leute gibt, die immer eine "bessere" Idee haben bzw. Behauptungen/Kommentare von sich geben, die darauf schliessen lässt, dass in den Planungen nur "Deppen" am Werk sind fällt nicht nur mir auf. Dies lässt sich auf Themen zu Infrastruktur, Fahrplan oder Rollmaterial gleichermassen übertragen.

    Es ist vieles eine Frage des Tonfalles.

    Ja, SBB und Co. werden hier und auch anderswo betreffend ihren Entscheidungen und Planungen kritisch hinterfragt. Aber nach meinem Eindruck stets mit dem notwendigen Respekt ggü. den Beteiligen der betroffenen Bahnen. Es liegt in der Natur der Sache, dass Handlungen/Planungen/Entscheide der Bahnen seitens der Interessierten Kunden beobachtet/beurteilt/bewertet und kommentiert werden. Mal sachlich, mal weniger sachlich. Kritik müssen die Bahnen inkl. aller Beteiligten aushalten können.

    Das letzte, was der öV braucht sind Denkverbote und geschützte Werkstätten, wo der Kunde nichts mehr hinterfragen/kritisieren darf, weil die Bahn und nur die Bahn samt deren Experten stets am besten weiss, was für den Beförderungsfall das Beste, bzw. die beste Lösung ist. Frei nach dem Motto: Kunde äh Vogel friss oder stirb, bzw. take or leave... Diese Haltung sehe ich persönlich halt auch bei der einen oder anderen Bahn durchschimmern. Aber deswegen würde ich nie die Fähigkeiten der Planer grundsätzlich in Frage stellen.

    Und auf der anderen Seite habe zumindest ich bei den wenigsten Kritikern eine Haltung erkennen können, welche den Bahnen und Planern niedere Bewertungen a la "das sind nur Idioten/Schreibtischtäter/Deppen" unterstellt.

  • Ich gebe zu, mich da auch immer wieder mal an der Nase nehmen zu müssen. Merke aber auch, wie meine Reaktionen sich danach unterscheiden, "wer" Anfragen stellt und in welchem Ton. Die fallen dann je nach dem verständnisvoller oder - im schlechteren Fall - auch mal knapp, genervt und zynisch aus. Wenn aber gleichzeitig dasselbe Thema schon x-Mal durchgekaut wurde, lässt eben auch mein Geduldsfaden irgendwann nach. :S

  • Bei aller Achtung von "Experten". Experten sind auch nur Menschen und arbeiten genauso wenig fehlerfrei wie andere Menschen auch. Deshalb reicht es auch, wenn man Experten als Menschen behandelt und nicht als Gottheiten...

    Ein indisches Sprichwort sagt:

    Mare bina svarg nahin milta
    (Ohne zu sterben kommt man nicht in den Himmel)

  • Das Thema Trassenvergabe und damit verbunden auch die Fahrplanplanung ist da bei der Bahn glaube ich ein sehr gutes Beispiel, wo sich die Netzbetreiber und EVU oft in eine gewisse Betriebsblindheit verrennen. Vielleicht auch deshalb, weil das grundsätzlich einfacher ist als Experimente zu wagen.

    Ist/war nicht da die Lösung mit dem EC Ersatz ab St. Gallen durch eine der beiden IC1 Komps die dann in Zürich wieder verein wurden genau so ein Beispiel - so man es dann dann tatsächlich mal gewagt hat, und es perfekt aufgegangen ist?

    Btw., ist das etwas, was nun regelmässiger praktiziert war, oder war das ein einmaliger erfolgreicher Versuch - welchen man so nun aber doch für zu riskant hält und es deswegen trotz vorherigem Erfolg nicht mehr praktiziert wird? :)


    Und ja, es wäre eben manchmal schon schön, es würde es mehr in besagter Richtung laufen - und nicht einfach, geht nicht weil es nicht geht...

  • Toomai Der Unterschied ist, dass sich Experten teilweise Jahre wenn nicht sogar Jahrzehnte mit einem Thema beschäftigt haben und nicht einfach ein paar Linien auf eine Karte zeichnen und diese dann als "bessere Idee" präsentieren. Natürlich darf man deren Erkenntnisse hinterfragen und kritisieren, vorher sollte man sich aber doch zumindest einen groben Überblick über das Thema verschaffen (z. B. die Rangierabläufe im RBL, wenn es um die Güterumfahrungslinie Zürich geht). Die Diskussion findet dann sofort auf einem viel höheren Niveau statt und der Hinterfragende wird auch eher ernst genommen.

  • Umgekehrt - und das passiert mir in meinem Fachgebiet manchmal auch - hat man vereinzelt auch Scheuklappen oder Tunnelblick. Da können Inputs von Aussenstehenden oder deren Fragen durchaus neue Perspektiven aufzeigen oder man kann die eigene Lösung aufgrund der Antworten auf die Fragen bestätigt sehen.

  • Es kann durchaus vereinzelt vorkommen, dass die "Aussensicht" zu neuen Lösungen führt. Da in der Bahntechnik immer mehr externe Firmen beteiligt sind, ist die Aussensicht meist schon automatisch gegeben.

    Da die Bahntechnik aber ein derart spezifisches Gebiet ist, ist es weitaus wahrscheinlicher, dass bei den Externen das Know-how für "Aussensicht-Lösungen" fehlt und man diesen als "Interner" zuerst die Basics vermitteln muss.

    Aber: Offen sein für Lösungsvorschlöge schadet nie. Dies ist aber auf Stammtisch-Niveau eher schwierig. ;)


    Thomas

    Einmal editiert, zuletzt von RSD-12 (1. Dezember 2023 11:11)

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