2022-06-02: Kollision Zollikofen BLS Re 475 402 und Re 465 012 mit Bauzug

  • Die "grünen Seiten" bezeichnen die Ausführungsbestimmungen Infrastruktur. Diese werden durch den Infrastrukturbetreiber herausgegeben und präzisieren oder ersetzen Artikel aus den FDV. Sie heissen so, weil sie einen hellgrünen Rand haben.

    Die FDV wurden diesbezüglich noch NICHT geändert.

  • Zollikofen: Lokführer nach Zugunfall verurteilt

    Am Bahnhof Zollikofen fuhr vor einem guten Jahr, am 2. Juni 2022, eine Komposition zweier BLS-Loks auf einen stehenden Güterzug auf. Der Lokführer wurde dabei leicht verletzt.

    Nun hat ihn die Staatsanwaltschaft Bern-Mittelland wegen fahrlässiger Störung des Eisenbahnverkehrs verurteilt, wie «20min.ch» berichtet. Laut Strafbefehl habe der Mann ein Warnsignal falsch interpretiert und die Distanzen falsch eingeschätzt.

    Er erhält eine Geldstrafe von 48 Tagessätzen zu je 170 Franken (total 8160 Franken) bedingt bei einer Probezeit von zwei Jahren. Zudem muss er eine Verbindungsbusse von 2040 Franken bezahlen, dazu 2239.50 Franken an Gebühren und Auslagen, total also 4279.50 Franken. (ske)

    Gruss Chrigu

    Ich bin "chrigu", also weder "Chrigi" noch "chregu".

  • Kann eine Staatsanwaltschaft jemanden verurteilen? Ich dachte das sei eher die Aufgabe von Gerichten. Ein Strafbefehl wird doch erteilt oder erlassen, und wenn innerhalb einer bestimmten Frist kein Einspruch dagegen erhoben wird, wird daraus automatisch ein rechtskräftiges Urteil.
    Bei 20 Minuten steht nur, dass man den Strafbefehl vorliegen habe. Daraus dürfte kaum hervorgehen, ob dagegen Einspruch erhoben wurde oder nicht, oder?

    Wer immer noch glaubt, dass Wirtschaft wichtiger ist als Gesundheit, kann ja mal versuchen sein Geld zu zählen, während er die Luft anhält. - Eckart von Hirschhausen, Juli 2021

  • Nicht ganz.

    Die Staatsanwaltschaft kann ein Urteilsvorschlag aussprechen und zusenden.

    Dies wenn der Beschuldigte zum Beispiel geständig ist und nur eine Verurteilung mit Gefängnis bis 180 Tagen Strafe droht oder eine Geldstrafe bis 180 Tagesansätzen.

  • Beschuldigter und Staatsanwaltschaft können sich stillschweigend dazu einigen, dass aus dem Strafbefehl ein Urteil wird. Ansonsten geht die Sache (je nach Gegenstand?) vor Gericht, wo dann ein Urteil erwirkt wird.

    Wer immer noch glaubt, dass Wirtschaft wichtiger ist als Gesundheit, kann ja mal versuchen sein Geld zu zählen, während er die Luft anhält. - Eckart von Hirschhausen, Juli 2021

  • Nachdem der SUST-Bericht die Hauptursache in einem unzweckmässigen Wartungsprozess der ETCS-Ausrüstung sieht, bin ich erstaunt, dass strafrechtlich nun wieder gelten soll "den Letzten beissen die Hunde". Von da her wäre ich noch mehr erstaunt, wenn das nicht vor Gericht ginge.

  • Ja, für einen Freispruch wird es wohl nicht reichen. Aber es liegen massiv strafmildernde Umstände vor: man hat den Lf mit der defekten Lok "allein gelassen" statt ihm die Unterstützung zu geben (z.B. einen zweiten Lf), die es für eine sichere Fahrt gebraucht hätte. Was man auch daran sieht, dass kurz nach dem Unfall die Vorschriften geändert wurden - noch bevor der SUST-Bericht dies empfahl.

  • Die Frage wäre halt auch, ob der Lokführer bzw. seine vorgesetzte Stelle anders gehandelt hätten, wenn es statt ein Lokzug „nume schnäu uf Riedtwil“ ein 2000t-Zug nach Basel gewesen wäre, der so hätte gefahren werden sollen.

  • Der SUST-Bericht hat den Hergang festgestellt und daher dient er auch als Grundlage für die strafrechtlichen Aspekte.

    Ich zitiere ab der Internet-Startseite der SUST:

    Diese Form der Untersuchung hat zum ausschliesslichen Ziel, Erkenntnisse zu gewinnen, mit denen künftige Unfälle und Gefahrensituationen verhütet werden können und die eine Erhöhung der Sicherheit zur Folge haben. Hingegen sollen die Ergebnisse einer solchen Sicherheitsuntersuchung nicht der Klärung von Schuld- und Haftungsfragen dienen.

  • Es ist mir bekannt, dass das im SUST-Bericht quasi als Vorwort drinsteht...

    Was würdest denn du sagen: Auf was sollen sich Gerichte stützen, wenn sie die Haftungsfragen klären müssen und die SUST den Hergang des Vorfalls bereits minutiös rekonstruiert hat?

  • Über die Sache könnte auch ein Privat Gutachter untersuchen, und eventuell zu leicht anderen Schlussfolgerungen ziehen.

    Ein Cinkali!
    Sprach und grammatikalische Korrekturen sind willkommen. :D

  • Auf die Untersuchungen der Staatsanwaltschaft resp. der Unfalldienste.

    Man darf nicht den Beteiligten versprechen, sie dürfen sich im Sinne der Unfallverhütung frei äussern und dann den Bericht für ein Strafurteil verwenden. Das geht aus meiner Sicht nicht. Als Beteiligter könnte man je nach Sachlage auch die Aussage verweigern und/oder einen Anwalt beiziehen.

    Bei einem Arbeitsunfall entscheidet das Gericht auch nicht anhand der Suva-Aufarbeitung sondern aufgrund der Faktenaufnahme der Behörden.

    Und wenn die das beim Eisenbahnunfall nicht können, müssen sie sich das Wissen aneignen.

  • Bei einem Arbeitsunfall entscheidet das Gericht auch nicht anhand der Suva-Aufarbeitung sondern aufgrund der Faktenaufnahme der Behörden.

    Kann man so sehen. Dann bleibt aber halt das, was die Behörde (hier: die Staatsanwaltschaft) festgestellt hat: Der Lf ist über "rot" gehobelt und darum wird er gebüsst.

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