• Etwas Vorsicht mit der Wortwahl bitte, auch wenn ich VerstĂ€ndnis fĂŒr allfĂ€llige Wut habe.

    Zur Frage: Wenn Atomwaffen zum Einsatz kommen, so Ă€ndert sich im dĂŒmmsten Fall fĂŒr die ganze Welt ziemlich viel.

  • Nun gut ein russischer BĂŒrgerkrieg könnte tatsĂ€chlich eine Chance fĂŒr die Ukraine sein.

    Aber ich befĂŒrchte sehr, dass ein Herr Putin ĂŒberhaupt keine Skrupel mehr kennt und er kurz vor seinem Sturz noch zu irrwitzigen Vergeltungsmassnahmen greifen wird. So nach dem Motto wenn ich schon verliere dann kann ich auch noch die ganze Welt vernichten.

    Und selbst wenn der Sturz glimpflich aus geht, wer wird dann sein Nachfolger ohne dass es zu einem gefÀhrlichen Machtvakuum kommt?

  • Einen Kriegsverbrecher einen Mafiaboss zu nennen ist ja nicht wirklich eine Beleidigung.

    Diese Angst vor Atomwaffen verstehe ich auch nicht, die Gefahr war am Anfang des Krieges minimal, seither ist sie nur noch gesunken. Wenn Puntin tatsÀchlich so tief in der Sch.. steckt, dass er deren Einsatz entgegen jeglicher Logik erwÀgt, hat er ohnehin nicht mehr die Macht deren Einsatz zu befehlen.

  • Woher willst du das so genau wissen? Fakt ist, dass die Amerikaner den Ukrainern nicht die Waffen liefern, die diese brĂ€uchten, um den Russen eine vernichtende Niederlage beizubringen, obwohl sie einiges mehr liefern könnten. (Die umstrittenen paar tausend 'Gagel' aus der Schweiz spielen in diesem Zusammenhang eine eher untergeordnete Rolle.) Warum handeln die USA so? Es wurde ganz offen gesagt und war glaub' auch hier die Rede davon. Glaub es oder bleib bei deinen Spekulationen.

  • Also bei den russischen (nicht pro aktuelle AusprĂ€gung russischer Politik) Kommentatoren, welche ich verfolge, war nie die Frage, ob das passieren wĂŒrde, sondern nur wann und wie.

    Wer immer noch glaubt, dass Wirtschaft wichtiger ist als Gesundheit, kann ja mal versuchen sein Geld zu zÀhlen, wÀhrend er die Luft anhÀlt. - Eckart von Hirschhausen, Juli 2021

  • Das ist dann eher an den Obertschekisten vom Roten Platz und seine Grossmachtphantasien sowie an weitere Lieferkettenprobleme zu adressieren.

    Interessantes Wording, das sich an die bahnbrechende Erkenntnis des FriedensnobelpreistrÀgers B.O. von (sauf erreur) 2008 anzulehnen scheint, wonach Russland fortan nicht mehr als Gross- oder Supermacht, sondern lediglich noch als Regionalmacht zu gelten habe. Belanglose Wortklauberei, könnte man meinen, die aber in nicht genau bestimmbarem Ausmass dazu beigetragen haben könnte, dass bei Herrn V.P. im laufe der folgenden Jahre die grimmige Entschlossenheit heranreifte, der Welt das Gegenteil zu beweisen.

    Ist Russland nun immer noch eine Grossmacht oder sind das krankhafte Phantasien eines Kriegsverbrechers, die nötigenfalls mit zigtausendfachen Menschenopfern widerlegt werden mĂŒssen?

  • Interessante Masche, die Tatsachen stets so zu verdrehen, dass der menschenverachtende TĂ€ter stets zum bemitleidenswerten Opfer wird. :/

    Unbestritten erinnern die Kommentarspalten von Websites zuweilen an digitale Obdachlosenheime, wo sich VerhaltensauffÀllige gerne versammeln. Rainer Stadler, NZZ vom 8. Mai 2012.

  • Aus dem (von mir und mutmasslich auch meinem Namensvetter vermuteten) Subtext Deines Beitrags lese ich sie aber auch heraus.

    Den Begriff "Grossmachtphantasien" halte ich unabhĂ€ngig von der Diskussion um den faktischen Status dieses Staates fĂŒr angebracht, wenn die Armee dieses Staats unter Missachtung des Völkerrechts einen anderen souverĂ€nen Staat angreift.

    Und einen gefĂŒhlt siebten Aufguss der Diskussion ĂŒber eventuelle ZusammenhĂ€nge zu Maidan, CIA oder eben einfach nur einem mit meinen Vorstellungen von internationalen Zusammenleben inkompatiblen Weltbild beim Herrn P. sollten wir uns glaub im Interesse der restlichen Forengemeinde ersparen....😉

    En Gruess

    Martin

  • Ich empfehle zu Putins Bild des "Neu-Russlands" das gestrige Echo der Zeit. Die Ukraine ist der grösste, aber nicht der einzige souverĂ€ne Staat, der zurĂŒck ins "imperium" geholt werden soll. Geschichte wird derart umgeschrieben, damit sich der Kreml ein krudes Weltbild zimmern kann, fĂŒr das man gewillt ist, Hunderttausende Leben zu opfern: https://www.srf.ch/audio/echo-der
partId=12542774

    Unbestritten erinnern die Kommentarspalten von Websites zuweilen an digitale Obdachlosenheime, wo sich VerhaltensauffÀllige gerne versammeln. Rainer Stadler, NZZ vom 8. Mai 2012.

  • Oder - quasi als GegenstĂŒck - die von rechtsgerichteten italienischen Linguisten eröffnete "questione ladina", mittels derer man nicht nur die Gotthardgrenze hĂ€tte verargumentieren können sondern Italien auch bis in die Vororte von Chur hĂ€tte ausdehnen können.

    Womit dann neben "Geschichte" eben auch "Sprache" als (alleiniges) Kriterium der Nationenbildung diskreditiert wÀre.... Aber gut, dieses Argument in einer Willensnation zu erwÀhnen, hiesse letztlich Eulen nach Athen zu tragen...;)

  • Das ist dann eher an den Obertschekisten vom Roten Platz und seine Grossmachtphantasien sowie an weitere Lieferkettenprobleme zu adressieren.

    Interessantes Wording, das sich an die bahnbrechende Erkenntnis des FriedensnobelpreistrÀgers B.O. von (sauf erreur) 2008 anzulehnen scheint, wonach Russland fortan nicht mehr als Gross- oder Supermacht, sondern lediglich noch als Regionalmacht zu gelten habe. Belanglose Wortklauberei, könnte man meinen, die aber in nicht genau bestimmbarem Ausmass dazu beigetragen haben könnte, dass bei Herrn V.P. im laufe der folgenden Jahre die grimmige Entschlossenheit heranreifte, der Welt das Gegenteil zu beweisen.

    Ich weiss, ich hab selber geschrieben "Kein siebter Aufguss". Trotzdem nur soviel dazu: es gibt ja mittlerweile durchaus fundierte Hinweise darauf, dass es wohl weniger drum ging, diese Aussage vom Herrn O. zu widerlegen, als vielmehr (auch) darum, mit dem Kri.... Ă€h... der militĂ€rischen Spezialoperation von inneren Problemen abzulenken. Ich neige ja schon auch eher der Ansicht zu, dass dieses ganze Nationalgedröhne inkl. der teilweise aberwitzigen Herleitungen primmĂ€r Mittel zum Zweck ist. Einmal Tschekist, immer Tschekist - und wenn der ideologische NĂ€hrboden endgĂŒltig verloren ist und es nur noch um Machterhalt geht, ist halt jedes MIttel recht.

  • ZunĂ€chst mal: Könnten wir uns darauf einigen, aus BeitrĂ€gen einfach das herauszulesen, was in deutscher Sprache drinsteht, und nicht irgendwelche vermutete 'Subtexte'?

    Dann zum "gefĂŒhlt siebten Aufguss der Diskussion ĂŒber eventuelle ZusammenhĂ€nge zu Maidan ...": Ich fĂŒrchte, dass wir diese ZusammenhĂ€nge, wenn sie bisher noch nicht hinreichend klargeworden sind, irgendwann doch noch genauer werden unter die Lupe nehmen mĂŒssen. Putin deutete den Machtwechsel vom Februar 2014 als vom Westen gesteuerten Putsch. NatĂŒrlich war es in Wirklichkeit komplizierter und spielte auch reale Unzufriedenheit der stĂ€dtisch-studentischen Elite mit dem Kurs der Regierung und mit der grassierenden Korruption eine nicht unbedeutende Rolle. Dass aber auch der Westen ein HĂ€ndchen im Spiel hatte (und sich dabei mit Fug und Recht als faschistisch zu bezeichnender Elemente bediente), darauf deuten verschiedene, in ihrer Gesamtheit erdrĂŒckende Indizien hin.

    Zum Begriff "Grossmachtphantasien": Da stellt sich einfach die Frage, ob du es lediglich fĂŒr eine kranke Phantasie Herrn Putins hĂ€ltst, Russland fĂŒr eine Grossmacht zu halten. Wenn ja, wie wĂŒrdest du dann den Grossmachtstatur definieren und warum genau sollte Russland ohne die ehemaligen anderen Sowjetrepubliken nicht mehr darunterfallen?

    Zur Frage historischer vs. völkerrechtlicher Argumentationen: Einverstanden, dass historische BegrĂŒndungen problematisch sind und fĂŒr sich allein nicht das Völkerrecht aushebeln dĂŒrfen. Auch mir wĂ€re eine auf soliden Rechtsnormen beruhende Weltordnung am liebsten. Faktisch sind wir leider noch meilenweit von einer solchen entfernt. So hat etwa bei der Anerkennung Sloweniens und Kroatiens, die zur Zerstörung des völkerrechtlich anerkannten Staates Jugoslawien fĂŒhrte, kein Hahn nach dem Völkerrecht gekrĂ€ht. Dadurch erhĂ€lt das derzeitige Pochen auf das Völkerrecht halt schon auch ein gewisses GschmĂ€ckle.

    In diesem Zusammenhang wĂŒrde ich mir etwas mehr VerstĂ€ndnis fĂŒr jene Millionen Menschen wĂŒnschen, welche die Zerstörung ihres Heimatlandes (sei es nun Jugoslawien, die Sowjetunion) tatsĂ€chlich als Katastrophe erlebten. FĂŒr die einfachen 'Leute auf der Strasse' waren diese Vielvölkerstaaten jahrzehntelang gelebte RealitĂ€t. Ethnische Russ(inn)en in Lettland sind jetzt plötzlich Fremde in einem Land, das sie zeitlebens als ihre Heimat erlebt hatten. Hier werden ohne jegliche Not Probleme geschaffen, die Putin, wenn er denn wirklich so scharf darauf wĂ€re, jederzeit als Grund oder Vorwand fĂŒr eine neue Eskalation nutzen könnte.

    Dann zum "gefĂŒhlt siebten Aufguss der Diskussion ĂŒber eventuelle ZusammenhĂ€nge zu Maidan ...": Ich fĂŒrchte, dass wir diese ZusammenhĂ€nge, wenn sie bisher noch nicht hinreichend klargeworden sind, irgendwann doch noch genauer werden unter die Lupe nehmen mĂŒssen. Putin deutete den Machtwechsel vom Februar 2014 als vom Westen gesteuerten Putsch. NatĂŒrlich war es in Wirklichkeit komplizierter und spielte auch reale Unzufriedenheit der stĂ€dtisch-studentischen Elite mit dem Kurs der Regierung und mit der grassierenden Korruption eine nicht unbedeutende Rolle. Dass aber auch der Westen ein HĂ€ndchen im Spiel hatte (und sich dabei mit Fug und Recht als faschistisch zu bezeichnender Elemente bediente), darauf deuten verschiedene, in ihrer Gesamtheit erdrĂŒckende Indizien hin.

    Zum Begriff "Grossmachtphantasien": Da stellt sich einfach die Frage, ob du es lediglich fĂŒr eine kranke Phantasie Herrn Putins hĂ€ltst, Russland fĂŒr eine Grossmacht zu halten. Wenn ja, wie wĂŒrdest du dann den Grossmachtstatur definieren und warum genau sollte Russland ohne die ehemaligen anderen Sowjetrepubliken nicht mehr darunterfallen?

    Zur Frage historischer vs. völkerrechtlicher Argumentationen: Einverstanden, dass historische BegrĂŒndungen problematisch sind und fĂŒr sich allein nicht das Völkerrecht aushebeln dĂŒrfen. Auch mir wĂ€re eine auf soliden Rechtsnormen beruhende Weltordnung am liebsten. Faktisch sind wir leider noch meilenweit von einer solchen entfernt. So hat etwa bei der Anerkennung Sloweniens und Kroatiens, die zur Zerstörung des völkerrechtlich anerkannten Staates Jugoslawien fĂŒhrte, kein Hahn nach dem Völkerrecht gekrĂ€ht. Dadurch erhĂ€lt das derzeitige Pochen auf das Völkerrecht halt schon auch ein gewisses GschmĂ€ckle.

    In diesem Zusammenhang wĂŒrde ich mir etwas mehr VerstĂ€ndnis fĂŒr jene Millionen Menschen wĂŒnschen, welche die Zerstörung ihres Heimatlandes (sei es nun Jugoslawien, die Sowjetunion) tatsĂ€chlich als Katastrophe erlebten. FĂŒr die einfachen 'Leute auf der Strasse' waren diese Vielvölkerstaaten jahrzehntelang gelebte RealitĂ€t. Ethnische Russ(inn)en in Lettland sind jetzt plötzlich Fremde in einem Land, das sie zeitlebens als ihre Heimat erlebt hatten. Hier werden ohne jegliche Not Probleme geschaffen, die Putin, wenn er denn wirklich so scharf darauf wĂ€re, jederzeit als Grund oder Vorwand fĂŒr eine neue Eskalation nutzen könnte.

    (...)

    es gibt ja mittlerweile durchaus fundierte Hinweise darauf, dass es wohl weniger drum ging, diese Aussage vom Herrn O. zu widerlegen, als vielmehr (auch) darum, mit dem Kri.... Àh... der militÀrischen Spezialoperation von inneren Problemen abzulenken.

    Ist das so? MĂŒssen wir nicht vielmehr anerkennen, dass eine ganze Reihe von Faktoren zur Entfremdung zwischen Russland und dem Westen beigetragen haben? Ich wĂŒrde dabei den psychologischen Aspekten ein durchaus nicht zu unterschĂ€tzendes Gewicht beimessen. (Edit: Gerade auch der von Marin S. verlinkte, v.a. in den Nuancen und Zwischentönen durchaus interessante Echo-Beitrag scheint mir diese Sichtweise zu bestĂ€tigen.)

    Einmal Tschekist, immer Tschekist

    Findest du solche KĂŒchenweisheiten nicht etwas gar hausbacken?

    Edit: Kleine Anmerkung zur Walenseegrenze: So wie ich das verstanden habe, waren Mussolinis AnsprĂŒche an alle im weitesten Sinne als lateinisch definierbaren Teile der Schweiz nicht als Angriff auf die Schweiz zu verstehen, sondern als vorsorgliche Massnahme fĂŒr den Fall, dass Deutschland einen seiner AngriffsplĂ€ne in die Tat umgesetzt hĂ€tte. Persönlich wĂ€re mir in diesem Fall vielleicht auch fast eher lieber gewesen, dem sĂŒdlichen Partner des AchsenbĂŒndnisses zugewiesen zu werden.

  • Nun gut - dann rollen wir es mal von hinten auf:

    Gegen Deine Theorie zu Mussolini und der lateinischen Schweiz sprechen m.E. ganz klar die diversen "Kraftmeiereien", die sich 1929 (also zu einem Zeitpunkt, als HItler nur in den feuchten TrĂ€umen weniger Grossindustriellen, der Familie Wagner und seiner braunbehemdeten Kumpane eine Rolle spielte) auf dem Passo San Giacomo abspielten. Dass Mussolini ernsthaft die italienisch- und romanischsprachigen Gebiete hĂ€tte besetzen wollen, glaube ich im Übrigen auch nicht. Ich habe das vielmehr als Beispiel fĂŒr die abstrusen Konstruktionen vermeintlicher "Nation-Buildings" auf der Basis "gemeinsamer Sprache" hier anbringen wollen, weil ich davon ausging, dass so ein Beispiel aus der Heimat die Idiotie dieser Argumentation - von der ich zu einem guten Teil nach wie vor davon ĂŒberzeugt bin, dass sie vorgeschoben ist - noch mal sehr schön vor Augen fĂŒhren kann.

    "Entfremdung" zwischen Russland und dem Westen: Wer bitte entfremdet sich da wie? Die russische Oberschicht, die sich bis zum Wirksamwerden der Sanktionen munter an den TummelplĂ€tzen der europĂ€ischen Schickeria herumgetrieben hat - und das nun halt einfach mit maltesischen oder zypriotischen PĂ€ssen fortsetzen muss? Der/ die einfache Dorfbewohnerin auf dem platten Land in den russischen Weiten? Die hat das vorher nicht interessiert und heute auch nicht. Mir scheint das mit der "Entfremdung" doch reichlich hoch gehĂ€ngt. By the way: so gross war die ja bis zum Februar 2022 auch gar nicht - schliesslich machten diverse (west-)europĂ€ische Staaten - trotz der vorangegangenen VölkerrechtsbrĂŒche in der Ostukraine und auf der Krim - noch gute GeschĂ€fte mit Russland, die einzige Anteilseignerin der GKA ĂŒberliess russischen Staatskonzernen gar kritische Infrastrukturen (siehe Gazprom).

    "Tschekist" - aus meiner SIcht keine KĂŒchenweisheit, sondern mein Versuch, meine EInschĂ€tzung vom Herrn P. zum Ausdruck zu bringen: Ich halte den fĂŒr einen reinen Machtmenschen. Der ist zu einem Zeitpunkt beim KGB sozialisiert worden, als es doch schon nicht mehr um irgendwelche kommunistischen Ideale ging, sondern ums reine Überleben staatlicher Macht. Ich denke, dass ihm dafĂŒr jedes Mittel Recht ist. Seit er begriffen hat, dass man nach dem Wegfall des Kommunismus die orthodoxe Kirche als Machtbasis nutzen kann, ist er halt glĂ€ubiger Christ (und schliesslich ist ja auch einer der höchsten WĂŒrdentrĂ€ger der russisch-orthodoxen Kirche eines seiner Tschekisten-GspĂ€ndli). Das Ganze versetzt man dann noch mit etwas Glorifizierung des grossen vaterlĂ€ndischen Krieges einschliesslich des VĂ€terchens Stalin selber mit dem - offenbar aufgehenden - KalkĂŒl, dass die Leute nach 70-90 Jahren vergessen, was der dem eigenen Land angetan hat. Alles, was da lĂ€uft, ist auf Machterhalt aufgebaut, auf nichts anderem. Wenn in der russischen Geschichte irgendwann mal Teufelskult eine staatstragende Rolle gespielt hĂ€tte, wĂŒrde er den auch noch in diesen merkwĂŒrdigen Versatz von "grossen nationalen Elementen" hineinrĂŒhren. Aktuell ist es halt diese Spezialoperation, mit der er seine Macht auch nach innen absichert.

    Das gleich im doppelten Sinne:

    a) der Krieg lenkt von innenpolitischen/ wirtschaftlichen Problemen und wachsender Unzufriedenheit ab. Das hat schon frĂŒher recht gut funktioniert - das GefĂŒhl "nationaler Grösse" kann ganz gut ĂŒber tĂ€gliche Mangelerscheinungen hinweg helfen.

    b) das Kriegsziel "Zerstörung einer selbstĂ€ndigen und nach Westen orientierten Ukraine" löst fĂŒr Putin das "DDR-Problem", das er zuvor hatte: die Beziehungen der Menschen zwischen beiden LĂ€ndern waren eng - auch und v.a. wegen der langen gemeinsamen Geschichte, der langen gemeinsamen Staatlichkeit und einer entsprechend hohen Fluktuation an Menschen zwischen beiden LĂ€ndern. Die Westorientierung war eine Gefahr fĂŒr Putin - aber m.E. nicht militĂ€risch, wie die "Putinversteher" gerne anfĂŒhren, sondern rein ideologisch!

    BezĂŒglich der Grenzziehung von 1991 darf sich der Herr P. dann an seine machtlĂŒsternen AmtsvorgĂ€nger halten, die das Fell des von ohnen erlegten sowjetischen BĂ€ren damals halt so teilten, wie die Grenzen der Sowjetrepubliken verlaufen waren. Anschliessend haben sie es anerkannt. Und damit Fakt. Irgendwann entsteht eine Regel - dem Fall eine Grenze. Die muss nicht immer nach allen Ansprichen, die man an sie vielleicht stellt, komplett richtig sein. Und es gibt vielleicht auch gute Argumente, ihren Verlauf zu Ă€ndern. Aber das sind eben Argumente. Die kann man in Verhandlungen bringen. Panzer und mordende Soldaten. die die Zivilbevölkerung massakrieren wie etwa in Budscha sind sicher keine Argumente. Punkt.

    Jugoslawien: Ja, vermutlich war die rasche Anerkennung der ersten abtrĂŒnnigen Republiken ein Fehler. Aber stattsrechtliche Fehler, die vor nunmehr ĂŒber 30 Jahren gemacht wurden, können und sollten dann m.E. auch nicht ewig zur Relativierung anderen Unrechts herangezogen werden.

    VerstĂ€ndnis fĂŒr Menschen, die durch staatlichen Zerfall und/ oder Umorganisationen plötzlich in die Rolle ethnischer Minderheiten geraten, habe ich ohne Ende. DafĂŒr habe ich mich intensiv genug mit mittel- und ostmitteleuropĂ€ischer Geschichte auseinandergesetzt - und m.E. auch meine Skepsis gegenĂŒber "Nation Building" auf der Basis von Sprache deutlich genug zum Ausdruck gebracht. Und ich gebe Dir insofern Recht, dass darin jede Menge Sprengstoff schlummert. Ich frage mich allerdings auch, inwieweit die verstĂ€rkte Ausgrenzung der russischen MInderheiten etwa in den baltischen Staaten (die ja vereinzelt - u.a. in den StĂ€dten - nicht mal unbedingt Minderheiten sind) nicht auch eine Reaktion auf das Verhalten des "offiziellen Russlands" ist. Das soll nichts rechtfertigen: das Spielen auf der "sprachnationalen Klaviatur" hat nach wie vor Potenzial, den halben Kontinent in den Abgrund zu reissen - deshalb schockiert es mich ja so. Und deshalb bin ich gegen diese Argumente, die ja regelmĂ€ssig verwendet werden, um "VerstĂ€ndnis" (oder wie man es auch immer nennen will - bitte keine neue Begriffsdebatte.... ;)) fĂŒr die "russische Seite" (was hier ja auch zunehmend relativ wird, da ein Haufen der angegriffenen, geflohenen und ermorderten ukrainischen BĂŒrger:innen auch (sprach-)ethnische Russ:innen sind) zu Ă€ussern, so allergisch. Damit kann dann bspw. auch der Herr O. aus B. seine AnsprĂŒche auf Oberungarn und SiebenbĂŒrgen verargumentieren - die Sympathien seines mittlerweile in weiten Teilen politisch gleichgeschalteten Staatsvolks hĂ€tte er gewiss auf seiner Seite. Ex-Jugoslawien hat dramatisch genug vor Augen gefĂŒhrt, wohin sprachethnisches Nation-Buildung fĂŒhrt, wenn diese Form der Zusammengehörigkeit geopolitisch nicht darstellbar ist, weil die Luete einfach an den falschen Orten wohnen. Und bis zu den Zwangsumsiedlungen von insgesamt mutmasslich weit ĂŒber 15 Millionen Menschen nach 1945, die nur dazu diente, genau das passend zu machen, gab es ja nun noch haufenweise mehr Beispiele in Europa, die diesen Irrweg im historischen RĂŒckblick vor Augen fĂŒhrten.... Und letztlich dĂŒrfen vermeintliche oder tatsĂ€chliche UnterdrĂŒckungen von Bevölkerungsminderheiten nicht als Rechtfertigung fĂŒr einen militĂ€rischen Überfall dienen - sonst können wir grad anfangen, den Zweiten Weltkrieg zu rechtfertigen (es hilft, solche Argumente immer in letzter Konsequenz zu Ende zu denken - dass Du das durchaus tust, weiss ich, trotzdem rate ich hier zur Vorsicht bei allem Respekt davor, bewusst beide Seiten zu beleuchten).

    Und zu guter Letzt: Ob sich ein Land fĂŒr eine "Grossmacht" hĂ€lt und ab wann es sich so bezeichnen darf, ist mir persönlich sch... egal. Da dachte ich auch, dass wir auf dieser Welt schon mal weiter waren. Auch die Globalisierung hatte ihre ganz deutlichen Schattenseiten. Aber so, wei es aktuell lĂ€uft, wĂŒnsche ich mir die sehnlichst zurĂŒck....

    Edit: Kleine Anmerkung zur Anmerkung zur "Walenseegrenze": Auch auf die Gefahr hin, dass ich mich jetzt bei mehr Leuten unbeliebt mache (und meine EinbĂŒrgerung gefĂ€hrde): An dieses Schweizer Narrativ von "Wir wĂ€ren beinahe auch von Nazi-Deutschland ĂŒberfallen worden" glaube ich nach wie vor nicht so Recht (auch wenn es sicher PlĂ€ne fĂŒr eine militĂ€rische Besetzung gab) und es kommt mir manchmal ein bisschen wie die "Light-Version" des österreichischen Narrativs "wir waren das erste Opfer" vor. Warum hĂ€tte Deutschland das tun sollen? Die Schweiz war doch von besetzten oder befreundeten (Vichy-Frankreich) Staaten umgeben. So wie es war, war es doch fĂŒr Deutschland letztlich viel praktischer. Vielmehr habe ich den EIndruck, dass dieses Narrativ gerne mal von gewissen Kreisen (sicher nicht von Dir) bemĂŒht wurde, um moralisch fragwĂŒrdige GeschĂ€fte im Nachhinein rechtfertigen zu können...

  • "Entfremdung" zwischen Russland und dem Westen: Wer bitte entfremdet sich da wie? Die russische Oberschicht, die sich bis zum Wirksamwerden der Sanktionen munter an den TummelplĂ€tzen der europĂ€ischen Schickeria herumgetrieben hat - und das nun halt einfach mit maltesischen oder zypriotischen PĂ€ssen fortsetzen muss? Der/ die einfache Dorfbewohnerin auf dem platten Land in den russischen Weiten? Die hat das vorher nicht interessiert und heute auch nicht.

    UnterschÀtze bitte die einfache Dorfbewohnerin nicht, z.B. Marina, oder die mal hier oder hier PortrÀtierten.

    "Tschekist" - aus meiner SIcht keine KĂŒchenweisheit, sondern mein Versuch, meine EInschĂ€tzung vom Herrn P. zum Ausdruck zu bringen: Ich halte den fĂŒr einen reinen Machtmenschen. Der ist zu einem Zeitpunkt beim KGB sozialisiert worden, als es doch schon nicht mehr um irgendwelche kommunistischen Ideale ging, sondern ums reine Überleben staatlicher Macht. Ich denke, dass ihm dafĂŒr jedes Mittel Recht ist.

    Eine KĂŒchenweisheit bleibt es dennoch, weil verkannt wird, dass neben den bekannten PrĂ€gungen der Sozialisation immer auch Spielraum fĂŒr Weiterentwicklungen besteht. So glaube ich tatsĂ€chlich, dass bei Putin in seiner ersten Amtszeit als PrĂ€sident eine gewisse Offenheit fĂŒr eine Partnerschaft mit dem Westen bestand. Die relativ desinteressierte Haltung des Westens, die in Obamas abfĂ€lligen Bemerkungen anschaulich zum Ausdruck kam, liess bei ihm wohl buchstĂ€blich den Laden runtergehn. Scheinbar unwichtige Kleinigkeiten können in solchen Momenten schon mal weitreichende Weichenstellungen beeinflussen, wie der berĂŒhmte FlĂŒgelschlag eines Schmetterlings irgendwo in China.

    Jugoslawien: Ja, vermutlich war die rasche Anerkennung der ersten abtrĂŒnnigen Republiken ein Fehler. Aber stattsrechtliche Fehler, die vor nunmehr ĂŒber 30 Jahren gemacht wurden, können und sollten dann m.E. auch nicht ewig zur Relativierung anderen Unrechts herangezogen werden.

    Doch - zwar nicht zur Relativierung anderen Unrechts, aber auch nach dreissig Jahren durchaus noch zur Feststellung, dass die Anrufung des Völkerrechts durch den Westen ziemlich selektiv erfolgt. Es gĂ€be ja auch noch weitere Beispiele, die ich jetzt nicht alle aufzĂ€hen mag, zumal die Zerschlagung der beiden europĂ€ischen Vielvölkerstaaten Sowjetunion und Jugoslawien fĂŒr immer ein sehr prĂ€gendes Ereignis in meiner Biographie war und bleiben wird.

    Und es dĂŒrfte wohl eine Illusion sein, zu glauben, die damit verbundenen UmwĂ€lzungen seien mit der formellen Anerkennung der Nachfolgestaaten ein fĂŒr allemal abgeschlossen. Im Fall der Ukraine wĂ€re z.B. die GewĂ€hrung der in Minsk versprochenen Minderheitenrechte fĂŒr die Gebiete im Osten ein zwingend nötiger Schritt fĂŒr die Errichtung einer nachhaltig tragfĂ€higen neuen Ordnung gewesen. Nachdem dies jahrelang versĂ€umt wurde, geriet Putin unter Zugzwang in seiner Rolle als Schutzmacht der im Ausland lebenden Russen. NatĂŒrlich ist die Art und Weise, wie er diese Rolle wahrnimmt, inakzeptabel. Das sollte uns aber nicht darĂŒber hinwegtĂ€uschen, dass es tatsĂ€chlich ein Problem gab.

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