Politisch-gesellschaftliche Aspekte bei der Taufe von Dingen (aus: RABDe 500 ICN)

  • Es ist lediglich ein h dazugekommen,

    aber mich stör mehr dieses "Jetzt müssen wir komplett Politisch korrekt werden und alles was irgendwie über Umwege nicht ganz politisch korrekt ist zum verschwinden bringen"

    Man kann es echt auch übertreiben mit diesem selektiven Fanatismus.

  • Kommt drauf an, wie die SBB damit umgeht. So wie ich es verstanden habe, kann es auch sein, dass man einfach die Infotafel anpasst. Wenn man dort auch auf die Nähe zum Naziregime hinweist, ist es eine gescheite Lösung. Die künstlerische Leistung von Grock ist ja unumstritten. Seine Anbiederung muss hingegen ein Thema sein - analog wie man bei der Sammlung Bührle auf die umstrittene Herkunft der Bilder hinweist.

  • Steht seine künstlerische Leistung wirklich auf einem ganz anderen Blatt als die politische Haltung, oder könnte man bei näherer Betrachtung auch zum Ergebnis kommen, dass diese Art Hofnarrentum sehr wohl ins Konzept der Nazis passte?

    Ich kenne ihn nicht so gut und kann die Frage nicht beantworten. Stand heute fällt mir aber durchaus noch der eine oder andere Name ein, von dem ich mich spontan jetzt doch noch lieber durchs Schweizerland schaukeln lassen würde.

  • Wieso müssen wir eigentlich einen Teil unserer Geschichte nachträglich auslöschen?

    Es ist Bestandteil unserer Geschichte, auch wenn es ein sehr trauriges Kapitel war, ändern lässt es sich nicht.

    Weshalb man nun versucht überall die Geschichte so zu verändern, dass es für zukünftige Generationen nicht mehr sichtbar ist, macht uns in meinen Augen absolut nicht besser.

    Wir sollten in Erinnerung haben was geschehen ist, schon nur um daran zu denken das es nicht wieder geschehen darf.

    Freundlicher Gruss Luca
    SBB - BLS - RM = DC Bahner 8)

  • Das bedingt dann aber eben, dass solche Teile unserer Geschichte auch aktiv thematisiert werden, sonst bleibt diese Erkenntnis einem (zu) kleinen Teil der Bevölkerung – ob die paar Quadratzentimeter im ICN-Eingang dafür wirklich die geeignete Stelle sind, ist dann halt schon eher fraglich.

  • Die Geschichte wird ja nicht ausgelöscht, nur weil ein Nazi-Sympathisant nicht mehr mit einem Zug geehrt wird.

    Eine Möglichkeit, das Geschehene in Erinnerung zu behalten, wäre ja zum Beispiel gerade, den Zug neu nach einem Opfer des Faschismus zu benennen. Ich bin mir sicher, dass auch viele Künstlerinnen und Künstler mit Schweizbezug von den Nationalsozialisten ermordet wurden. In diesem Rahmen könnte man dann auch die frühere Benennung nach Grock thematisieren.

    Frage am Rande: 037 war ja früher der besondere ICN, weil er das Clowngesicht hatte. Das gibt es nicht mehr, oder?

  • Wenn würde ich das aber nicht mit der Umbenennung von bestehenden Fahrzeugen sondern bei Neufahrzeugen tätigen.

    Mit einer Umbenennung versuchen wir uns schlicht und einfach besser darzustellen und mehr nicht (in meinen Augen).

    Freundlicher Gruss Luca
    SBB - BLS - RM = DC Bahner 8)

  • Meiner Meinung nach hätte man sich das vor der Taufe überlegem sollen. 2 Jahrzente später wirkt das fast etwas lächerlich.

    Der ICN wurde ja auf Grock getauft um die Arbeit/Kunstfigur zu würdigen.

    Daran ändert grundsätzlich ja nichts.

  • Das wäre natürlich besser gewesen, das entscheidende Wissen wäre wahrscheinlich schon damals verfügbar gewesen. Nun ist aber Geschichtsschreibung und Aufarbeitung von Vergangenheit ein ständig weitergehender, nie abgeschlossener Prozess. Leider mussten wir uns in diesen vergangenen zwei Jahrzehnten von noch so einigen beruhigenden und liebgewonnenen Gewissheiten verabschieden.

    Ob das künstlerische Schaffen sich hier wirklich so sauber von der politischen Positionierung trennen lässt, scheint mir die grosse Frage. Ich tendiere eher zu einem Nein.

    Absolut einverstanden bin ich damit, dass eine Umbenennung nicht so gestaltet werden sollte, dass die Spuren der Vergangenheit völlig verwischt werden. Man könnte die neue namensgebende Person z.B. so wählen, dass sie nicht ganz zu den übrigen passt und in einem Kriterium aus der Reihe tanzt - also z.B.

    - Dimitri (lebte zur Zeit der Inbetriebnahme des Zuges noch; als Clown übrigens wahrscheinlich interessanter als Grock)

    - René Schickelé: (Kriterium 'Schweizer' als Elsässer knapp verfehlt; zu Unrecht fast vergessener Schriftsteller und klarer Gegner des Nazitums)

  • Frage am Rande: 037 war ja früher der besondere ICN, weil er das Clowngesicht hatte. Das gibt es nicht mehr, oder?

    Das Clowngesicht ist schon lange weg, spätestens seit der Sanierung (bei der die Türmarkierungen rot wurden), vielleicht auch schon länger.

  • Fahrer Schwarz: Dann sind wir aber gespannt, welcher ICN deiner Meinung oder deinen Kriterien nach als nächster von der Cancel Culture erfasst werden soll... Für alle nicht so Sensiblen (ich brauche das W-Wort nicht, um die Emotionen flach zu halten) hier mal die Namensliste: http://www.luwi.ch/Zugsnamen.htm

    Könnte es Louis Chevrolet sein, der dazu beigetragen hat, diese nach BFS-Massstäben schrecklichen Autos weiterzuverbreiten? Oder Albert Einstein, weil in seinem Maturitätszeugnis nur eine Drei in Französisch steht? Oder gar Willi Ritschard wegen seines anstössigen Spruchs «Je höher der Affe klettert, desto besser sieht man seinen Hintern»?

    Sorry, aber langsam wird's glaub absurd... <X

  • Danke für das Verlinken der Liste. Hat man die erst einmal vor sich, muss man gar nicht mehr weit suchen. Einsteins und Ritschards Verdienste für die Atomlobby wollen wir als Freunde eines der grössten Stromkonsumenten doch wohl in Ehren halten, aber mit Chevrolet bist du schon mal ziemlich nah dran. Es geht aber um einen anderen Sohn der Geburtsstadt meiner Grossmutter, über den wir leider solcherart Ungefreutes lesen müssen - tut mir wirklich leid.

  • Sabello Das hat doch nichts mit Cancel-Culture zu tun, wenn man einen Nazi-Sympathisanten nicht mehr mit einem nach ihm benannten Zug ehren will?

    Fahrer Schwarz spielt wohl auf Alfred Escher an, dessen Denkmal vor dem Zürcher HB auch schon Anlass von Diskussionen war aufgrund der Verwicklung Eschers in den Sklavenhandel. Da finde ich allerdings, darf man seine Verdienste für die Schweizer Eisenbahnen durchaus höher gewichten.

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