Abschaffung Mehrfahrtenkarten - "mir si am Luege"...

  • Wieder einmal ein Radiobeitrag, der ausserhalb der Blase - sorry: Branche - nur noch ungläubiges Staunen hinterlässt: https://www.srf.ch/audio/espresso…partId=12547583

    Im Interview mit dem Geschäftsführer der berühmt-berüchtigten "Alliance Swisspass" lässt deren Geschäftsführer verlauten, dass bereits im Jahr 2020 "Überlägige gschtartet" worden seien im Hinblick auf den Ersatz der praktischen Halbkarton-Abstempelkarten. Obwohl die Abschaffung spätestens per Ende 2025 durchgestiert werden soll, weiss man man aber aktuell noch immer nicht genau, wie das/die Ersatzprodukt/e aussehen soll/en. "Mir si am Luege", lautet die visionäre Botschaft - aber "schon" per kommendem Sommer werde man mehr sagen können. Na toll. :thumbdown: Wetten, dass die "Lösung" eine solche à la MGB sein wird, nämlich etwas in der Art von "Either use a dumbphone or stay at home"?

    Ich frage mich ernsthaft, wie lange die Politik diesem Treiben noch tatenlos zuschaut. Sind denn alle Parlamentarier/innen entweder dank ihrer Gratis-GA's schon eingelullt/gleichgeschaltet, oder benützt keine/r mehr den öV? :/

  • Man kann aus dem Beitrag natürlich raushören, was man hören will. Ich höre aber eher, dass es durchaus in die Richtung einer "Mehrfahrtenkarte auf dem Swisspass" gehen könnte. Im Sommer werden wir mehr wissen. An einen nur mit Smartphone nutzbaren Ersatz glaube ich nicht.

    Unser Parlament gibt dem ÖV den Auftrag, möglichst wirtschaftlich zu sein. Deshalb glaube ich nicht, dass hier grosse Proteste zu erwarten sind, solange eine für alle einfach zugängliche Ersatzlösung präsentiert wird.

  • Wobei ich mir Mehrfahrtenkarten auf dem Swisspass nur bedingt vorstellen kann. Denn sobald man welche für mehr als eine Strecke auf dem Swisspass hätte, wie wird die korrekte aktiviert? Und generell gefragt, wie wird eine MFK auf dem Swisspass benutzt?

    Mir kommt es vor, als will man die Kunden auf Abos und Easyride lenken. Aber nur ersteres funktioniert auch bei Kindern.

  • Wenn man sowas auf dem Swisspass referenzieren will, wird wohl ein Internetzugang erforderlich sein analog Ausflugsabo. Oder bringt man gleichzeitig Geräte an die Haltestellen oder in die Fahrzeuge wo man die Fahrten aktivieren kann… Scheint mir sehr planlos zu sein und könnte im gleichen Fiasko enden wie die Abschaltung gewisser Programme per Fahrplanwechsel Ende 2023…

  • ...und hinzu kommt, dass die ehrliche deutsche Übersetzung von Swisspass "Datenkrake" lautet. Keine valable Alternative für Leute, die anonym unterwegs sein wollen.

  • Und den Leuten weismachen, dass ohne Verknüpfung Swisspass - SBB-App keine Daten beim Swisspass erhoben werden, ist auch nicht optimal. Denn auch beim Swisspass wissen die in Kombination mit einem Billett ziemlich gleich viel. Nur wenn ein Papierbillett abgeknipst wird, sieht es anders aus. Bei den Abos hingegen sehen sie nur die Zonen und das Verkehrsmittel bei der Überprüfung. Aber nicht wo man ein- oder ausgestiegen ist.

  • Mindestens die Datenkraken-Diskussion finde ich müssig. Von der öffentlichen Hand überwachten Verkehrsunternehmen vertraue ich da immer noch mehr als windigen IT-Konzernen wie Google, Apple, Meta oder Microsoft, deren Produkte von gut 90% von uns jeden einzelnen Tag genutzt werden und die uns viel genauer und subtiler bespitzeln, als dies SBB & Co. machen dürften.

    Glaube kaum, dass alle, die hier nun "Datenschutz" schreien, sämtliche Cookies und Verläufe deaktiviert sowie DSGVO-Optionen in jeder einzelnen von ihr genutzten App entsprechend konfiguriert haben. Wäre schön, wenn hier der Ball etwas flacher gehalten würde.

    (Dass auch in Zukunft ein offline nutzbares Angebot für Billettkäufe verfügbar sein muss und wenn es in einer Art Chipkartenmodell o.ä. besteht, darin besteht bei mir kein Zweifel. Schon alleine für die vielen Touristen, die sich nicht die horrenden Roaming-Gebühren für das Schweizerische Mobilfunknetz leisten wollen. Was hier etwa die MGB plant, finde ich mehr als deplatziert.)

  • Oder bringt man gleichzeitig Geräte an die Haltestellen oder in die Fahrzeuge wo man die Fahrten aktivieren kann…

    Ja, dafür wären neue Geräte erforderlich um die Mehrfahrtenkarte auf dem Swisspass zu aktivieren. Vor dem Hintergrund, dass die orangen Mehrfahrtenkartenentwerter aber sowieso ersetzt werden müssen, sehe ich das nicht als wirkliches Hindernis. Das Gerät könnte irgend sowas sein: https://businessbreakfast.atron.com/files/atron/im…%C3%96rebro.jpg

    Damit würden zugleich auch die Voraussetzungen für neue Ticketing-Lösungen auf Check-in-Check-out-Basis geschaffen, wie sie z. B. in London (Oyster Card) existieren.

  • Offenbar strebt man bereits seit einiger Zeit die Einstellung des MFK-Verkaufs auf Ende Fahrplan 2024 an. Bei Vorschlägen für Änderungen im Tarif und Vertrieb wird einem beschieden. dass dies höllenkompliziert sei und eine lange Vorlaufzeit brauche. Und nun ist 9 Monate vor der Umstellung nicht wenigstens das Konzept für den MFK-Ersatz bekannt?

    Die neuen Geräte müssen ausgeschrieben, produziert und zu Tausenden an Haltestellen und Fahrzeugen montiert werden - zusätzlich zu den bestehenden Entwertern, während eines Jahres ist ja ein Parallelbetrieb notwendig.

    Einmal editiert, zuletzt von schwellenmaus (3. März 2024 13:47) aus folgendem Grund: Bemerkung zu neuen, digitalen "Entwertern".

  • Damit würden zugleich auch die Voraussetzungen für neue Ticketing-Lösungen auf Check-in-Check-out-Basis geschaffen,

    Check-in-check-out (Cico) ist von gestern, wenn schon erwarte ich Be-in-be-out (Bibo), technisch auch nicht trivial, aber wenigstens können die TU nicht das gesamte technische Risiko an die Kundschaft abwälzen..

  • Behält man den aktuellen Zeithorizont bei befürchte ich, dass kaum die Zeit besteht, eine andere Lösung als eine reine App-Lösung zu implementieren. Daher hier meine Meinung zum Thema:

    Sollte die MFK wirklich 2025 bereits abgeschafft werden, müsste nun in etwas mehr als einem Jahr ein komplett neues System entwickelt, geplant, umgesetzt, grossflächig getestet, optimiert und anschliessend vollständig eingeführt werden. Wenn hier nicht bereits hinter geschlossenen Türen Vorarbeit geleistet worden ist, wäre das einzige wirklich umsetzbare Szenario eine reine App-Lösung, die jedoch aus zahlreichen bereits thematisierten Gründen nicht akzeptabel ist. Alle anderen Lösungen erfordern physikalische Veränderungen an der Infrastruktur oder an den Fahrzeugen (so etwas wie Kartenleser anstelle der Stempelautomaten – übrigens nicht nur bei der Bahn, sondern auch in den Bussen) im ganzen Land, was auf diese Frist schlicht nicht realistisch sein dürfte (so meine Überlegung).

    Ich sehe aktuell diese möglichen Szenarien:

    Möglichkeit 1: Reine Online-Lösung: Man kauft die MFK online (in der App oder im Web) und aktiviert vor Antritt der Fahrt (in der App oder eventuell noch zuhause am PC; letzteres beispielsweise für Eltern von Kindern ohne Smartphone denkbar). Wie bereits gesagt lassen sich hierdurch nicht alle Bevölkerungsgruppen einfach so einschliessen, weswegen eine solche Lösung noch verfeinert und besser durchdacht werden muss.

    Möglichkeit 2: MFK auf SwissPass & intelligente Check-In-Lösung mit digitalen Stempelautomaten: Man kauft Mehrfahrtenkarten online oder am Automaten und verknüpft diese mit dem SwissPass (am Automaten geschieht die Verknüpfung via Chip-Leser). Vor der Fahrt wird an Chip-Lesern (sogenannte "digitale Stempelautomaten" aufgestellt an Stelle der jetzigen Stempelautomaten) ein- und ausgecheckt. Das Auschecken ist ein neuer Schritt, der diese Lösung zwar weniger praktisch und anfälliger für Fehler macht, allerdings schwer zu umgehen ist, wenn das System automatisch die korrekte MFK für die gefahrene Strecke "digital abstempeln" soll. Die Auswahl der korrekten MFK (ohne dass die neuen digitalen Stempelautomaten gleich ein Display haben müssen, das die verfügbaren Billets anzeigt) wäre in der Tat eine Knacknuss, für die es eine zuverlässige Lösung braucht.

    Darüber hinaus sehe ich die Einführung einer alternativen Karte (lasst sie uns fürs Erste "SwissPass ID" nennen) sinnvoll. Eine solche Karte wäre nicht mit einem SwissPass-Konto verbunden, sondern einfach eine reine NFC-Karte mit einer eigenen ID, mit der dann auch online gekaufte Billets verknüpft werden können. Diese Karte wäre bestenfalls anonym und nur in Form der aufgedruckten ID in der Datenbank enthalten. Somit bestünde beinahe die selbe Anonymität wie bei Papier-Billets. Die SwissPass ID wäre nicht persönlich und zum Beispiel auch unter Familienmitgliedern oder Mitarbeitern nutzbar. Billets werden ebenfalls online durch Eingabe der ID oder via QR-Code oder am Automaten mit Chip-Leser mit der Karte verknüpft.

    Und wenn man schon ein Netz von digitalen Stempelautomaten in Form von Chip-Lesern an allen Bahnhöfen hat, dann könnte man auch gleich das EasyRide darüber ermöglichen. Ich persönlich bin (nach einem halben Jahr in Japan – Grüsse aus Tokyo an der Stelle!) ein grosser Fan vom Ein- und Auschecken mit einer physischen Karte, ohne die Notwendigkeit, beim Ein- und Aussteigen das Smartphone aus der Tasche zu holen, zu entsperren, die App zu öffnen, EasyRide zu starten/beenden und das Gerät dann wieder in die Tasche zu stecken. Mann muss diese Chipkarte ja nicht mal aus dem Portemonnaie nehmen, sondern hält das ganze Portemonnaie an den Leser. Es funktioniert einwandfrei und wird hierzulande täglich von X-Millionen Pendlern verwendet. In Zusammenhang mit der oben erwähnten "SwissPass ID" liesse sich auch ein Prepaid-System umsetzen, wo man am Billetautomaten Guthaben auf die Karte lädt, das dann fürs EasyRide, oder sogar wie kürzlich beim normalen SwissPass eingeführt als Zahlungsmittel verwendet werden kann. So wäre man dem Japanischen System der IC-Card am nächsten.

    Übrigens könnte man auch die NFC-Funktionalität von den Smartphones nutzen und einfach das Smartphone an den Leser halten, statt die Karte rauszuholen. Das Smartphone haben ja viele beim Gehen eh bereits in den Händen ;)

    Möglichkeit 2A: Abschaffung der MFK: Wenn etwas wie im obigen Szenario 2 umgesetzt wird, könnte man sich grundsätzlich die Frage stellen, ob es überhaupt noch eine MFK braucht, oder ob man diese durch normale digitale Billets ersetzen kann. Vielleicht macht es Sinn, die MFK durch einen Mengenrabatt beim gleichzeitigen Kauf von mehreren Billets im Voraus zu ersetzen.


    Also zusammengefasst: Ich sehe als Alternative zur App-Lösung ein System mit NFC-Lesern anstelle der Stempelautomaten als einen geeigneten Ersatz, der auch ohne Smartphone verwendbar ist (und mit der Einführung einer "SwissPass ID"-Karte sogar ganz anonym). Allerdings ist für so etwas der Zeithorizont etwas gar knapp und die Kosten deutlich höher als bei einer (wohl nicht vollständig inklusiven) App-Lösung und Demontage aller Stempelautomaten.

    Ich bin sehr gespannt, was ihr davon haltet und welche Ideen ihr habt, um die Ablösung der Papier-MFK möglichst inklusiv zu gestalten. In diesem Sinne Sayōnara!

  • Mann muss bedenken, dass die Mehrfahrtenkarte bzw. das Stempelkartenformat nicht nur für die klassischen Mehrfahrtenkarte genutzt wird sondern auch für den Vorverkauf von Billetten in Tarifverbünden welche nicht am Tag X sondern nur wenige Stunden gültig sind.

    schwellenmaus: Nutzung bis Ende Fahrplan 2025 wurde komuniziert, was bedeutet, dass MfK welche ab Dezember 2024 verkauft werden ein fixes Ablaufdatum haben und dann entsprechend teilweise nur noch wenige Monate oder Wochen statt 1 Jahr gültig sind.

  • Möglichkeit 2A: Abschaffung der MFK: Wenn etwas wie im obigen Szenario 2 umgesetzt wird, könnte man sich grundsätzlich die Frage stellen, ob es überhaupt noch eine MFK braucht, oder ob man diese durch normale digitale Billets ersetzen kann. Vielleicht macht es Sinn, die MFK durch einen Mengenrabatt beim gleichzeitigen Kauf von mehreren Billets im Voraus zu ersetzen.

    Wo genau man einen Rabatt von wie viel Prozent auf MFK kennt, ist auch ein Buch mit sieben Siegeln. Bei SBB-Streckenbilletten ist beispielsweise nichts zu holen. In solchen Fällen hat man Stempelbillette nur, um Kindern oder betagten Familienmitgliedern/Bekannten zu sagen: "Schau, ich gebe dir hier das Billett, das stempelst du ab und fährst dorthin."

    Mit undatierten Zonenbilletten (Einzelfahrten, Tageskarten), die sowieso je nach Automatentyp gar nicht mehr erhältlich sind, dürfte dann auch ersatzlos Schluss sein.

  • Wenn keine Entwerter vorhanden sind, sind die entsprechenden Billette auch heute mit eigenem Kugelschreiber zu entwerten; steht auch auf der Rückseite jeder Stempelkarte.

  • Schon; aber man könnte ja den Eintrag auch mehr als 2 Min nach Abfahrt des Zuges anbringen.... dies als "generelle Ersatzlösung" für die Entwerter? Bei dieser Firma, die sich erfrecht, bei technischen Unzulänglichkeiten die Beweislast umzukehren? - Eher glaube ich an den Osterhasen.

  • Ich finde einfach die Kommunikation von Aliance SwissPass eine Frechheit. Es ist nicht das erste Mal, dass sie kommunizieren dies oder jenes wird verschwinden und es gäbe dann (vielleicht) einen Ersatz. Weshalb ist man dort nicht fähig, den Ersatz gleich zu benennen? Mir kommt es vor, als wolle man einmal die Reaktionen abwarten und dann schauen, was man als Ersatz politisch bringen muss. Für mich ein sehr peinlicher Ansatz, welcher nur geht, wenn genügend Kunden da sind, die keine Alternative haben.

    Kennt jemand das folgende Dokument aus 151.3

    Bundesgesetz über die Beseitigung von Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen

    Fedlex


    Art. 15 Vorschriften über technische Normen

    1 Um ein behindertengerechtes öffentliches Verkehrssystem sicherzustellen, erlässt der Bundesrat für die konzessionierten Unternehmen Vorschriften über die Gestaltung:34

    b. der Kommunikationssysteme und der Billettausgabe;


    Was sagt dieses Dokument dazu?

    Einmal editiert, zuletzt von Michael (3. März 2024 16:52) aus folgendem Grund: Ein Beitrag von marosko mit diesem Beitrag zusammengefügt.

  • Möglichkeit 1: Reine Online-Lösung: Man kauft die MFK online (in der App oder im Web) und aktiviert vor Antritt der Fahrt (in der App oder eventuell noch zuhause am PC; letzteres beispielsweise für Eltern von Kindern ohne Smartphone denkbar). Wie bereits gesagt lassen sich hierdurch nicht alle Bevölkerungsgruppen einfach so einschliessen, weswegen eine solche Lösung noch verfeinert und besser durchdacht werden muss.

    Das Problem ist, dass die Bahnen wie auch ihre Dachorganisation sich aktuell einen Deut darum scheren, ob alle Bevölkerungsgruppen erschlossen werden oder nicht. Siehe MGB und ihren Smartphonezwang.

    Ich habe darum die Befürchtung, dass es eine reine Online-Lösung gibt, und es ist dann das Problem der Kunden, damit zurecht zukommen, bzw. nicht das Problem der Bahnen wenn sie damit ein Problem haben. Für diese gibt es dann halt schlicht keine Mehrfahrtenbillete mehr...

    Wie schon anderswo erwähnt; mein Eindruck der Haltung der öV-Betreiber ist der: Wer nicht mit der Zeit geht, der geht mit der Zeit. Und wer kein Smartphone oder andere digitale Medien für den Kauf des Billetes lösen will, der wird kurz-mittelfristig nicht mehr den öV benützen können. Die Abschaffung des Ticketverkaufs in den Bussen beim Chauffeur und an den meisten Bahnhöfen geht da ins gleiche Kapitel...

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