Ducrot stellt Zugshalte an kleineren Bahnhöfen in Frage

  • Ein Kandidat, der mir diesbezüglich immer mal wieder in den Sinn kommt, ist Ebnat-Kappel - Nesslau. Bis Ebnat-Kappel ist das Verkehrsaufkommen einigermassen gross, Umlauftechnisch lässt sich bis dahin kompositionsneutral ein Halbstundentakt realisieren. Für die grosse Masse des Obertoggenburgs hingegen ist es egal, ob sie in Nesslau oder in Wattwil umsteigen. Für viele Relationen wäre es sogar ein Umsteigen weniger und die Chance, wieder den VAE in Richtung St. Gallen zu erwischen.

  • Okay, das ist wohl ein gutes Beispiel. Es muss eh umgestiegen werden für die meisten grösseren Destinationen und das lokale Zentrum erreicht man dann sogar immer noch mit Direktfahrt, einfach mit dem Bus. Würde halt einfach eine mindestens 45-minütige Fahrt im Bus bedeuten. Arbeiten kann man da währenddessen wohl kaum, während das im Zug möglich ist. Da steigt man dann allenfalls doch wieder lieber ins Auto.

  • z.B. Guntershausen an der Linie Winterthur-Wil

    Das wiederum wäre für mich ein Beispiel, wo ein Halt zwar nicht viele Leute „aufgabelt“, der aber wichtig sein kann für die Attraktivität eines Wohnorts und des ÖV insgesamt. Der Bahnhof ist recht zentral gelegen und gut erreichbar mit Velo oder zu Fuss. Wenn der Halt entfällt und erst einmal noch der Bus genommen werden muss, um überhaupt an den nächsten Bahnhof zu kommen, verliert der ÖV doch massiv an Attraktivität? Dafür ist die S-Bahn dann zwei Minuten schneller in Winterthur, weiss nicht ob das die Attraktivität des ÖV insgesamt dann wirklich steigert.

  • Die aktuelle Entwicklung ist ja eher gegenteilig, in der Agglomeration entstehen neue Haltestellen.

    Die Bahn ist halt auch in der Feinverteilung viel attraktiver, ich sehe das an meinem eigenen Beispiel: Früher wohnte ich in einem Vorort von Lausanne und war mit der S-Bahn innert 3 Minuten in Lausanne. Jetzt wohne ich zwar in der Stadt selber aber der Bus braucht 15-25min bis zum Bahnhof (je nach Staulage) und das ist für die zurückgelegte Strecke definitiv nicht mehr attraktiv.

  • Arbeiten kann man da währenddessen wohl kaum, während das im Zug möglich ist. Da steigt man dann allenfalls doch wieder lieber ins Auto.

    Der grosse Teil des Verkehrs ist da Schülerverkehr und Freizeitverkehr. Im Schülerverkehr ist Arbeiten nicht das Thema, im Freizeitverkehr überwiegen die Vorteile des weniger Umsteigens. Notabene verkehren da schon Züge und Busse im halbstündlichen Wechsel und der Bus wurde auf Anhieb gut angenommen. Auch bezüglich Reisezeit sind die beiden Verkehrsträger vergleichbar, aus Kapazitätssicht dürfe es nur selten wirklich knapp werden. Wenn man eine Gesamtkostenbetrachtung machen würde (Infrastruktur und Betrieb) könnte man wohl mit zwei grossen Bussen Nesslau - Wattwil fahren und es wäre auf die Dauer immer noch günstiger als der Erhalt und Betrieb der Schieneninfrastruktur. Insbesondere wenn man das Preisschild für den Halbstundentakt auf der Bahn anschaut...

  • Bei der Diskussion sollte der psychologische "Schienenbonus" nicht vergessen gehen. Viele Leute sind bereit, längere Wege zum Bahnhof auf sich zu nehmen, was ich bei einem Bus zu bezweifeln mag. Der Bus hält zwar häufiger und somit oft näher am Ausgangs-/Zielort, ist aber dafür sonst oft langsamer als ein Zug und insgesamt weniger attraktiv. Was die betroffene Lokalbevölkerung von einer Umstellung ihrer Zuganbindung auf Busbetrieb hält, ist aktuell in Leissigen und Därligen zu beobachten.

  • Man kann auch für x-Millionen in Tann-Dürnten hinbauen, aber auf die ursprünglich als Bahnersatz eingeführte Buslinie kann nicht verzichtet werden bzw. es sind immer noch so viele Fahrgäste, dass man Wald-Rüti zwei Busse braucht.

    Einerseits liegt es daran, dass die S26 keinen Anschluss an die S5 hat und somit in Wetzikon den Knoten verpasst. Anderseits ohne Linie 885 in Wald das ÖV Angebot massiv schlechter wird, da keine der drei Buslinien es schaffen in der Zeit zwischen Ankunft S26 aus Rüti und Abfahrt nach Rüti die aktuelle Route zu befahren.

    Dank der Verkehrsüberlastung in Rüti ist es möglich gratis ein 15'-Takt Überangebot Rüti-Wald in der HVZ zu haben, indem man den herumstehenden Bus bis Pilgerhof den 15'-Takt ermöglicht und danach nach Wald zum wenden schickt.

    Einmal editiert, zuletzt von züri11 (19. April 2024 07:16)

  • Für mich ein gutes Beispiel: Yverdon-Lausanne.

    Hier hätte es genügend Nachfrage für einen schnellen Viertelstundentakt Yverdon-Lausanne. (Yverdon hat 30’000 Einwohner. In anderen Regionen wäre ein Viertelstundentakt schon lange realisiert.) Aber der hat auf dieser vielbefahrenen Strecke keinen Platz. Würde man auf die Bedienung von Essert-Pittet, Ependes, Bavois und Éclepens verzichten, gäbe es genügend Kapazität für ein solches Angebot - zum Beispiel ein RE Yverdon - Chavornay - Cossonay-P. - Bussigny - Renens - Lausanne.

    Bavois hätte von einer Busanbindung nach Chavornay Vorteile. Man kommt ins Nachbardorf, wo man Einkaufen kann. Wenn der Bus dann auch halbstündlich fährt und brauchbare Anschlüsse hat, kommt man auch gut nach Orbe. Nach Lausanne wird es ähnlich schnell sein. Heute muss man zuerst zum Bahnhof gehen, der etwas abseits liegt. Künftig ist man in der gleichen Zeit mit dem Bus in Chavornay, wo man auf einen schnellen Zug umsteigen kann.
    -> Bavois würde zwar die stündliche Direktverbindung nach Lausanne verlieren. Erhielte aber eine halbstündliche Verbindung nicht nur nach Lausanne, sondern auch in die Regionalzentren drum herum. Und der lange Zugangsweg zum ÖV entfällt.
    Zudem profitieren Yverdon, Chavornay, Cossonay-Penthalaz von besseren Verbindungen. Das ist übrigens auch genau dort, wo die kantonale Raumplanung das Wachstum haben möchte.

  • Zum Schienenbonus: Deshalb könnte es sich lohnen, mehr in Trams und ähnliche Systeme zu investieren (was ja Ducrot auch schon gefordert hat). Das Problem ist hier natürlich die Finanzierung, die nicht via BIF möglich ist, aber dieses Problem scheint beim BAV angekommen zu sein.

  • Also ins Obertoggenburg wird man bestimmt kein Tram bauen, die Frequenzen sind viel zu niedrig. Und umgekehrt ist es für mich irgendwie nicht logisch, wenn die Frequenzen für Trambetrieb reichen, den S-Bahn-Halt zu streichen. Mir kam es jedenfalls nur einmal in den Sinn, für Bern-Westside das Tram zu nehmen, da schlafen einem Beine und Gesicht ein ;) Stockacker wäre hingegen vielleicht ein Kandidat, wo es Sinn machen würde.

  • Reisende/Tag Mo–Fr/Sa–So 2022: Ependes VD 100/70, Essert-Pittet 70/50, Bavois 190/110 (schrumpfend), Eclépens 430/200 (stark wachsend)

    Ausser für Eclépens würde sich auch auf der Strasse nirgends ein Halbstundentakt rechtfertigen, vielleicht einige Zusatzkurse in den HVZ.

    Die Qualität der Buserschliessung hängt massgebend von den Anschlussverhältnissen am Umsteigebahnhof zur Bahn ab, wenn dieser nicht eine Zentrum erschliesst: Bloss wenn sich die Züge dort kreuzen oder begegnen, kann die Umstellung auf Bus ein guter Ersatz sein. Aktuell fahren die Züge in Chavornay maximal versetzt ..07/..37 und ..22/..52. Ab Fahrplan 2025 werden es etwa ..05/..35 und ..25/..55 sein. Bereits eine Abweichung von +/- 3 Min.von der Symmetriezeit führt zu einer Umsteigezeit Bus-Bahn von 10 Min. in die eine Richtung. Entweder fährt der Bus zwei Mal stündlich hinkend, wenn es betrieblich sinnvoll möglich ist, womits es faktisch bei einem Stundentakt bleibt, oder die Reisezeit in die eine Richtung wird massiv länger.

    Nach Ependes müsste eine eigene Buslinie fahren, wenn nicht mit etwas Glück eine Stadtlinie vernünftig verlängert werden kann.

    Essert-Pittet könnte wenigstens in die Linie 675 einbezogen werden, wenn die Strasse Suchy–Essert-Pittet bustauglich ist. Die Fahrzeit nach Yverdon würde sich etwa verdreifachen.

    Bavois bräuchte eine eigene Buslinie, oder eine Umgestaltung des Netzes mit Einbezug der Linien 414 und 425 ab Echallens.

    Nach Eclépens, Gare fährt zwar die Linie 765 ab La Sarraz, so dass die Verbindung Richtung Lausanne hergestellt werden könnte, Richtung Yverdon würde es allerdings sehr mühsam.

  • Ein weiteres Beispiel ist St. Erhard Knutwil.

    Über eine Schliessung wurde bereits gesprochen, da anscheinend aus Kapazitätsgründen ein Halbstundentakt der S29 und des IR15 dies erfordern würde.

    Auf der einen Seite kann ich es nachvollziehen, da der Bahnhof am Rand von St. Erhard und weit weg von Knutwil liegt. Busse fahren heute schon viel zentraler ab dem Dorfzentrum. Eine Buslinie Sursee - St. Erhard - Kaltbach - Wauwil - Egolzwil - Nebikon - Altishofen wäre geplant, um den Halt zu ersetzen.

    Nachteile wären einerseits, dass Richtung Olten für alle Ziele weiter als Nebikon umgestiegen werden müsste, obwohl ich nicht weiss, wie viele Personen das effektiv betrifft. Weiter ist die Fahrt nach und von Sursee heute stark von Stau betroffen. Der Kreisel am Ortseingang von Sursee soll aber durch eine Kreuzung mit Priorisierungsmassnahmen für Busse ersetzt werden. (Ein Thema für sich…)

    Der Halbstundentakt der S29 und des IR15 würde netto sicher mehr Personen nutzen als der Halt in St. Erhard-Knutwil, trotzdem hinterlässt es bei mir doch einen etwas fahlen Nachgeschmack.

    Übrigens würde mit den Halbstundentakten auch der Halt in Brittnau-Wikon gestrichen, aber mit der Situation dort kenne ich mich zu wenig aus, um sie auch so darstellen zu können.

  • Reisende/Tag Mo–Fr/Sa–So 2022: St. Erhard-Knutwil 130/100, Brittnau-Wikon 200/100

    Die Dörfer Brittnau und Wikon sind mit Buslinien bereits recht gut erschlossen, das aargauische Brittnau nur nach Zofingen, das luzernische Wikon auch nach Reiden. Der zwischen den Dörfern liegende Bahnhof erschliesst das nicht allzu grosse Bahnhofquartier der Gemeinde Wikon, Gewerbe/Industrie und den Erlebnisbahnhof. Zeitweise hält auch ein Bus.

  • Genau bei solchen kleinen Frequenzen macht es Sinn, über die Notwendigkeit von Zugshalten zu diskutieren, wenn durch Auslassen dieser dafür ein Angebot ausgebaut werden kann, das einem Vielfachen mehr an Reisenden nützt. Gerade für Reisende aus Brittnau ist es sinnvoller, mit dem Bus nach Zofingen zu fahren, wo dann Anschluss auf IR15 und IR27 bestehen.

    Andere Beispiele wären Sisikon, Merlischachen oder Meggen. Sisikon könnte nach Fertigstellung der A4-Axentunnels durch einen Bus Brunnen–Flüelen bedient werden, bei Meggen gibt es Bestrebungen einer Buslinie Meggen–Küssnacht, auch um das Dorfzentrum von Merlischachen wegen der starken Bautätigkeit anzubinden. Diese wiederum würde auch die Frequenzen der Haltestelle Merlischachen reduzieren. In Meggen besteht ja bereits durch die zentraler gelegenen und stärker frequentierte Haltestelle Meggen Zentrum bereits eine Alternative.

    Sisikon: Mo-Fr: 180; Sa/So: 280

    Meggen: Mo-Fr: 90; Sa/So: 60

    Merlischachen: Mo-Fr: 190; Sa/So: 140

    Auch bei der SOB könnte man diskutieren, ob nicht eine zweite schnelle Verbindung Inner-/Ausserschwyz, sprich VAE-Halbstundentakt St. Gallen–Pfäffikon–Goldau, wichtiger wäre als eine Bedienung der Biberegg und der Altmatt.

    Auch die Stadtbahn Zug ist trotz ihres Erfolges aufgrund ihrer hohen Haltefrequenz ein Trassenfresser. Gerade auf Stationen wie Hünenberg Chämleten oder Walchwil Hörndli hätte man aufgrund der Frequenzen auch verzichten können, wobei gerade Hörndli durch den Halbstundentakt seine Frequenzen verdoppeln konnte. Aber in Hünenberg hätte auch eine Haltestelle gereicht. Zythus hat ein Vielfaches mehr Ein- und Aussteiger aufzuweisen.

    Hünenberg Chämleten: Mo-Fr: 220; Sa/So: 200

    Hünenberg Zythus: Mo-Fr: 1400; Sa/So: 750

    Walchwil Hörndli: Mo-Fr: 110; Sa/So: 60

  • Zu Yverdon - Lausanne: im aktuellen Fahrplan benötigt die R1 mit 37min nur 3min länger als die beschleunigte R2 mit 34min.

    Von mir aus kann man über schlecht frequentierte Haltestellen durchaus diskutieren, es muss aber einen ernsthaften Nutzen geben.


    In den Städten finde ich es dagegen durchaus sinnvoll, wenn die S-Bahn nicht nur am Hauptbahnhof sondern auch in den Vororten hält, obwohl sie auch mit dem Nahverkehr zu erreichen wären (zB. Wankdorf, Europaplatz, Oerlikon, Prilly-Malley, etc)

  • Die Durchfahrt in Sisikon bringt bezüglich Trassen gar nichts, weil die Durchschnittsgeschwindigkeit der S2 durch die anderen Halte zwischen Goldau und Altdorf bestimmt wird. Ein bahnparalleler Bus über 11 km zur Erschliessung eines kleinen Dorfes ohne weiteren Nutzen (die Tellskapelle betrachte ich als unwesentlich) ist auch ökologisch nicht sinnvoll.

  • Was bei dieser Diskussion für mich noch etwas kurz kommt, sind die politischen Gegebenheiten. Alle Beispiele betreffen ja den RV.
    Und bei diesem bestellt und finanziert der Kanton das Angebot. Und wenn dieser nicht bereit ist zu Gunsten des FV das RV-Angebot anzupassen, nützen auch die Ideen der SBB wenig.

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